Obwohl das Land unregierbar geworden ist, versuchte die AKP unbeirrt, es in einer Form zu pressen.
Sie versuchten es etwa zwei Jahre lang und die Form ist nun zersprungen. Also musste der Prozess grundlegend überarbeitet werden. Das wird Restauration genannt.
Ich werde mich nun wiederholen; dass das Land unregierbar geworden ist, war auch ein Ergebnis unseres, Volkes Beteiligung. Siehe: Juni Widerstand …
Was bedeutet also, es „auf radikale Weise“ zu überprüfen?
Radikal aber innerhalb des Systems… Systemkonform als Voraussetzung für Radikalität … …
Wir sollten nicht sagen, dass „ systemkonform nicht radikal sein kann “. Aus einer solchen verkürzten Ansatz kann keine revolutionäre sondern gegenüber Politik eine passive Haltung entstehen. Was die Kommunisten von den anderen Linken unterscheidet ist, wenn es keine revolutionäre Situation existiert, nicht die Vernachlässigung der Entwicklungen in der Politik. Kommunisten intervenieren in solche „alltägliche“ Entwicklungen mit einer revolutionären Perspektive. Andere Linke aber wird ein Teil der Entwicklung, lässt sich vom Strom treiben.
Ich weiß, vielen langweilt es bereits, aber die Syriza-Angelegenheit hatte damit nichts zu tun, dass wir den Menschen ein Minimum an Hoffnung und Freude verderben wollten. Für Syriza sein bedeutet ein Teil der Entwicklungen werden, Kommunist sein aber bedeutet nach Auswegen zu suchen.
Restauration bedeutet, die Tagesordnung dahingehend zu bestimmen, damit die Türkei wieder regierbar wird. In einem Land, das so weit nach rechts gedriftet ist, müssen die obligatorischen Pinselstriche zur Korrektur des Systems zwangsweise linke Klangfarben beinhalten. Das ist eine Notwendigkeit. Für die historisch-politischen Leistungsbeurteilung der Herrschenden Kreise oder Bourgeoisie der Türkei würde ich zwei Dinge sagen. Eins: das geschichtliche Scheitern. Zwei: Meisterschaft im Krisenmanagement. Daher ist die Türkei nicht nur ein Krisenland, sondern auch ein Restauration-Land.
Was wir diskutieren ist der Unterschied zwischen (obenerwähnten) linken Klängen als eine Linkswendung zu bezeichnen und so sich treiben zu lassen und den Moment der Änderung zu begreifen und so Interventionskanäle zu öffnen. Für die erste könnten wir die Linke, die wenn wir in den 1970er und sie als ein Teil des Aufstieges von linken Ecevit wären, mit dem Reformismus, mit Abkehr von der Perspektive einer Sozialistischen Macht, mit Skepsis an die Macht der Arbeiterklasse und einer sozialistischen Zukunft verurteilen… Heutzutage reicht es nicht, die Kritik auf dieser Ebene zu halten. Schwereres ist nötig.
Restauration beinhaltet eigentlich, dass die grundlegenden Errungenschaften des Kapitalismus, die unter der AKP Diktatur gewährt wurden, geschützt werden. Was also muss geändert werden? Bei Frauenmorden sollen keine Strafminderungen aufgrund guter Führung gewährt werden, bei Arbeitermassakern, die sie als Arbeitsunfälle bezeichnen, sollen einige Firmen belangt werden, die Lehrer sollen nicht beschimpft und die Aleviten sollen nicht gedemütigt werden, bei der Benennung der Universitätsrektoren sollen manche Kandidaten mit meisten Stimmen berücksichtigt werden… Allein diese Punkte würden für manche als eine linke Welle verkauft werden. Die zugrunde liegende Ausbeutung wäre so gesichert. Kompromiss mit dem System, das von AKP installiert wurde, bedeutet Verrat. Wir können diese Rechnung mit einer Kritik des Kompromisslertums nicht begleichen.
Allerdings ist es wichtig, dass wir uns einem Scheideweg der Veränderung nähern.
Die Türkei hat sich nicht nur zu einem unregierbaren Land verwandelt. Gleichbedeutend wurde der Kapitalismus in diesem Land nur von der AKP verwaltet werden können. Wenn sie anfangen die skandalöse Hinterlassenschaft der AKP zu berichtigen und so das System in einem sicheren Hafen zu lenken, könnte auch dazu führen, dass das System von den Auflösungserscheinungen bedroht wird. Also, mit der Restauration können sie es versuchen, dass das daraus eine neue Status Quo entstehen könnte, ist extrem schwierig. Weil im Land kein neuer Gleichgewichtspunkt gefunden wird, werden die Möglichkeiten für den Sozialismus neuformiert und verstärkt.
Aber nur unter der Bedingung, dass das linke, revolutionäre, kommunistische Subjekt, das diese Möglichkeiten der Neuformation in die Politik tragen wird, sich nicht vor die Karren der Restauration spannen lässt. Ohne das kommunistische Kollektiv, das sein Augenmerk und seine Konzentration auf die Wahrnehmung dieser Chancen richtet, wird es nichts geschehen.
Das Restaurationskonzept kann man grob so beschreiben… Also muss es verfeinert werden.
Diese Verfeinerung muss durch die Restauratoren erfolgen. Wir warten darauf … Für die CHP ist nun wohl die Zeit angebrochen, sich von den „Listendemokratie“ zu entfernen und sich auf die eigenen Beine zu stellen. Wir werden dann sehen, was für welche Linke sie dann abgeben werden.
Für die HDP wurde beschlossen, dass die Wahrnehmung erzeugt wird, dass die Partei die 10%-Hürde überwinden wird. Die Ergebnisse der Umfragen und „zentralen“ Medien widerspiegeln das. Wie Sie wissen, sind die Umfragen und Medien nicht dafür da, die Realität der Situation zu reflektieren, sondern sie sind Werkzeuge, um sie zu manipulieren. Außer der Erklärung, dass die HDP keine Kompromisse mit Erdogan schließen werde, wissen wir immer noch nicht, ob die gleiche HDP am Ende mit AKP eine Verfassung gestalten wird. Keine Kompromisse mit Erdogan, ist wohl der erste Programmpunkt der Restauration. Wahrscheinlich wird auch Öcalan seine alten Botschaften, in denen er sich wohlwollend über die Präsidentschaft des „Herren Tayyips“ geäußert hat, nicht wiederholen … Aber eine Verfeinerung darüber hinaus? Wir wissen es nicht…
Es gibt noch andere Restauratoren. Wenn Sie mich fragen, eigentlich war erster Kandidat des Landes die Sekte Gülens. Nach dem Juni-Widerstand war es zu erwarten, dass diese Sekte, unter deren Anhänger viele Amerika gesehen, Krawatten tragen und akademische Grade erworben haben, den ersten Schritt machen wird. Als die Massenbewegung begann sich zurückzuziehen, sollten sie sich rühren. Zu dieser Zeit waren die CHP und HDP klar und eindeutig für die Weiterführung der AKP-Regierung. Die Kulisse war bereit, aber Fethullahisten sind gescheitert. AKP hat früh gehandelt und die Initiative ergriffen. Erdogan konnte Fethullah in eine Falle zu ziehen … aber es ist zu Ende. Jetzt kommt die Sekte auch für die Restauration in Frage. So sind die Polarisationen innerhalb der AKP zu erklären… Was danach kommt? Ist nicht bekannt.
Wir werden sehen, was ein Restaurationsprogramm, in dem CHP, HDP und Gülen aus separaten Erwägungen mitmischen, hergeben wird. Es wird eine Synthese entstehen, die als Ergebnis von verschiedenen Eingriffen resultieren wird.
Nun haben wir denn Unrecht, in dem wir die Linke, die Werktätigen, Intellektuelle davor warnen, keinen Teil dieser Reform zu werden, dass „aus dieser Synthese nichts gescheites entstehen könnte und wir uns lieber auf revolutionäre Möglichkeiten konzentrieren sollten“?
Aydemir Güler
06.April.2015, soL-Nacrichtenportal